Kein relevantes Fehlverhalten der Schaffhauser Polizei im Fall F.W.

Im Fall der Prügelattacke von vier Männern gegen eine Frau ist der Schaffhauser Polizei entgegen der Darstellung der „Rundschau“ kein relevantes Fehlverhalten vorzuwerfen.

Das Gutachten von Prof. em. Dr. Andreas Donatsch kommt zum Schluss, dass die Schaffhauser Polizei vielmehr sehr schnell und professionell ihre Arbeit aufgenommen und das Opfer ernst genommen hat.

Den Vorwurf, dass Tatbeteiligte bevorzugt behandelt worden seien, entkräftet das Gutachten. Einzig bei einer Hausdurchsuchung über ein Jahr nach dem Vorfall zur Sicherstellung von Mobiltelefonen sind zwei für den Fall wenig bedeutsame Mängel festgestellt worden.

Am 22. Mai 2024 zeigte das Schweizer Fernsehen in seiner Sendung „Rundschau“ Videoaufnahmen einer Gewalttat von vier Männern gegen eine Frau in einer Wohnung in Schaffhausen. Diese Bilder waren und sind verstörend. Gewalt ist nicht zu tolerieren und konsequent zu ahnden.

In der Berichterstattung wurde die korrekte Aufklärung der Prügelattacke in Frage gestellt. Da gegenüber dem Vorgehen und dem Verhalten der Schaffhauser Polizei in der Öffentlichkeit Misstrauen entstanden war, liess die zuständige Regierungsrätin Dr. Cornelia Stamm Hurter die Vorwürfe unabhängig extern untersuchen und beauftragte mit der Untersuchung Prof. em. Dr. Andreas Donatsch, Zürich, einen ausgewiesenen Fachmann im Bereich des Schweizer Polizei- und Strafprozessrechts. Nach gründlicher Einsichtnahme in die Akten der Schaffhauser Polizei im Fall F.W. erstellte dieser ein Gutachten zur Vorgehensweise der Schaffhauser Polizei.

Professionelle polizeiliche Tätigkeit zu Beginn des Verfahrens

Das 36 Seiten umfassende Gutachten vom 7. August 2024 hält fest, dass die Schaffhauser Polizei am 29. Dezember 2021 sehr schnell und professionell vorgegangen sei. Sie hatte binnen kurzer Zeit insbesondere das Opfer ins Spital gebracht, das Zürcher Institut für Rechtsmedizin eingeschaltet, die Spuren sichergestellt, die Staatsanwaltschaft orientiert, den unmittelbaren Tatverdächtigen vorläufig festgenommen und weitere Beteiligte einvernommen.

Keine polizeiliche Kompetenz zur Anordnung einer körperlichen Untersuchung

Ab dem Moment der Eröffnung der Strafuntersuchung durch die Staatsanwaltschaft ging die Verfahrensleitung zur Gänze an diese über. Die Schaffhauser Polizei war weder zuständig noch befugt, von sich aus beim Opfer eine gynäkologische Untersuchung in Auftrag zu geben. Auf eine solche hatte die Staatsanwaltschaft nach Rücksprache mit dem Institut für Rechtsmedizin wegen der Angaben des Opfers zur Vergewaltigung (vor wenigstens fünf oder gar vor bereits 14 Tagen, womit eine medizinische Untersuchung keine Erkenntnisse mehr hätte hervorbringen können) und dessen physischen Zustandes verzichtet. Eine Vergewaltigung in der Nacht vom 28./29. Dezember 2021 hatte das Opfer bei seiner Befragung am 29. Dezember 2021 verneint.

Auftragsgemässe Hausdurchsuchungen und Sicherstellungen 2021

Die Schaffhauser Polizei hatte am 29. Dezember 2021 den Auftrag der Staatsanwaltschaft, die Videoaufzeichnungen des Tatgeschehens sicherzustellen, gemäss dem Gutachten befolgt und damit auftragsgemäss gehandelt. Sie konnte die Aufzeichnungen ab dem Mobiltelefon eines Tatbeteiligten einsehen und filmte sie ab. Die Schaffhauser Polizei hatte zu berücksichtigen, dass die Sicherstellung bei einer Person erfolgte, die damals als Drittperson galt. Das Erstellen einer Kopie der sicherzustellenden Aufzeichnungen ist gemäss dem Gutachter daher „als sachangemessen“ (mildere Massnahme) zu qualifizieren und in der Strafprozessordnung explizit vorgesehen. Eine Durchsuchung von Aufzeichnungen hätte dagegen einen besonders schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des betroffenen Tatbeteiligten dargestellt. Indessen hätte die Schaffhauser Polizei noch fragen können, ob andere Speichermedien vorhanden seien.

Aufgrund der Sichtung der Videoaufzeichnungen wurde festgestellt, dass die Wohnung über zwei Videokameras verfügt. Die Staatsanwaltschaft ordnete deshalb einen zweiten Hausdurchsuchungsbefehl vom 30. Dezember 2021 an. Dieser Auftrag ist korrekt ausgeführt worden. Dass dabei beim ersten Kopiervorgang ein Fehler bei der Datenspeicherung aufgetreten ist, vermag an der Rechtmässigkeit des Vorgehens der Schaffhauser Polizei nichts zu ändern.

Mängelbehaftete, aber folgenlose Sicherstellung 2023

Einzig der Auftrag der Staatsanwaltschaft vom 13. Februar 2023 zur Sicherstellung des Mobiltelefons eines Tatbeteiligten ist nicht ausreichend rasch und nicht umfassend ausgeführt worden. Die Schaffhauser Polizei hätte klären müssen, ob der Beschuldigte mehrere Mobiltelefone besitzt. Zu beachten ist jedoch, dass der Beschuldigte seit seiner Einvernahme am 10. Mai 2022 knapp ein Jahr Zeit gehabt hätte, Daten zu vernichten, wenn er dies gewollt hätte. Aus den Akten ergeben sich im Übrigen keine Hinweise, dass er über zusätzliche Mobiltelefone verfügte.

Keine Bevorzugung von Tatbeteiligten

Eine Bevorzugung von Tatbeteiligten ist nach Erkenntnis des Gutachters nicht erkennbar. Das Gespräch zwischen der Schaffhauser Polizei und einem Tatbeteiligten während des Abfilmens des Tatgeschehens von dessen Mobiltelefon hatte insbesondere keinen Einfluss auf die Aufzeichnung sowie Auswertung der Aufnahmen und damit auf die durchzuführende Ermittlungstätigkeit. Der Tatbeteiligte war zu jenem Zeitpunkt des Verfahrens eine nicht beschuldigte Person. Seine Befragung am 10. Mai 2022 war dem Sachverhalt wiederum angemessen und einlässlich.

Opfer wurde von der Schaffhauser Polizei ernst genommen

Der Gutachter hält auch fest, dass die Schaffhauser Polizei das Opfer ernst genommen hat. Obwohl das Opfer unklare Angaben zum Tatgeschehen während der Nacht vom 28./29. Dezember 2021 und zur mehrere Tagen davor erfolgten Vergewaltigung gemacht hatte, setzte die Schaffhauser Polizei die Staatsanwaltschaft vom vagen Vorwurf der Vergewaltigung sofort in Kenntnis. Auch über spätere Anschuldigungen informierte sie die Staatsanwaltschaft jeweils ohne Verzug. Zudem setzte die Schaffhauser Polizei das Opfer über seine Rechte ins Bild. Die zur Umsetzung der Istanbul-Konvention im Kanton Schaffhausen notwendigen Massnahmen sind in organisatorischer Hinsicht (Anlaufstellen), soweit dies für den Gutachter ersichtlich ist, getroffen worden.

Das Gutachten zeigt mit seinen differenzierten Aussagen, dass die Schaffhauser Polizei gute Arbeit geleistet hat.

 

Quelle: Schaffhauser Polizei
Titelbild: Symbolbild © Schaffhauser Polizei